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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 12: On the road (II)

Eigentlich wollte ich in dieser Episode – der zweiten Episode on the road – von den Freuden des Reisenden berichten. Wer mir in den einschlägigen sozialen Medien folgt, der findet ein Kaleidoskop an Rapsfeldern, Kirschblüten und Lächeln mit offenen Haaren im Wind.

Das ist die eine Wahrheit.
Aber heute möchte ich von der anderen erzählen. 3.400 km in 30 Tagen. Ohne Pausentag. Straight. Durchschnittlich 110 km am Tag. Mit voller Beladung: Zelt, Kocher und allerlei Thermo-Kleidung, die sich bislang als beinahe zynisch erwies (25 Grad und schneidender Sonnenschein). Vor der Reise wurde ich gefragt, wovor ich Angst hätte – wenn ich denn überhaupt Angst hätte. Ich glaube, ich antwortete, vor der Kälte. Stunden um Stunden in der Kälte fahren, das frisst Körper und Seele. Aber insgeheim hatte ich vor etwas anderem Angst, das begreife ich jetzt.
Vor der großen Unbekannten mangelnder Erfahrung. Ich hatte nichts vergleichbar körperlich Herausforderndes jemals unternommen. Die Option des Scheiterns ist also eine durchaus realistische, theoretisch betrachtet. Praktisch existiert sie aber nicht. Die Möglichkeit, dass ich es nicht schaffe, ist als Konzept in meinem Kopf schlicht nicht angelegt. Und was nicht existiert, kann nicht eintreten. So weit, so gut.

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Die Möglichkeit des Scheiterns existiert nicht. Auch nicht in den schwersten Augenblicken.

Die Strecke Nürnberg-Rostock, fast 700 km, in 6 Tagen. Das war der erste Streich. Über den Thüringer Wald und den Südharz und endlose Windmühlenflächen. Jeder Tag wartet mit seinem ganz eigenen Feind. Hier ist es einmal der konstante Gegenwind, der mich sogar bergab zum treten zwingt. Im Thüringer Wald sind es grobe, kilometerlange Schotterpisten, in denen mein schweres Rad erst schlingert, dann schließlich einsinkt, so dass ich es auf die Gipfel wuchten muss, bis mir die Arme zittern. Und das mit einem relativ frisch operierten Handgelenk.
An Tag 4 beginnt mein rechtes Knie zu schmerzen, dann die Ferse. Ich stelle den Sattel hoch, wieder runter. Probiere herum. Es wird besser. Aber zu spät, der Schmerz hat sich festgesetzt. Seit Tag 4 humpele ich. So ist das eben.
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Häßliches am Wegesrand. Die Nachtseiten.

Angekommen in Rostock nehme ich gleich die Fähre um 22 Uhr. Um 6 Uhr früh am darauffolgenden Tag erreiche ich Trelleborg.
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Ich steige aus. Und fahre direkt weiter. Ich mache keine Pause. Im Schnitt sitze ich 8 Stunden am Tag auf dem Rad. Manchmal nur sieben, einmal waren es 11. Meinen Rücken schmerzt, das Stechen beißt sich weiter ins Knie und die Sonne lässt meine Lippen blutig aufspringen. Die Straßen in Schweden ziehen sich bergauf, bergab durch endlosen Wald. Schneisen, in das wilde Grün geschlagen. Es gibt keinen Schatten. Die Nächte sind dafür umso kälter.
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Tag 9 auf der Straße. Warum mache ich das? Es gibt vielleicht keine zufriedenstellende Antwort. Keine zumindest, die strenggenommen „Sinn macht“. Ich kriege kein Geld dafür. Maximal eine Entzündung im Knie und einen ernstzunehmenden Sonnenbrand. Es macht keinen Sinn.
Und vielleicht ist es genau das. Das System, in dem wir uns befinden, arbeitet streng effizient. Das bedeutet, das ökonomisch Relevante ist primär sinnhaft und die Sinnhaftigkeit als Maß aller Dinge wird entsprechend evaluiert. Nur in eine Richtung mit dem Rad zu fahren ist ganz und gar nicht sinnhaft in diesem System. Ich falle in dem Moment aus dem Arbeitsmarkt heraus und stehe dem System nicht mehr zur Verfügung und füttere es noch nicht einmal durch überhöhten Konsum, wie es als guter Bürger im „Urlaub“ doch meine Pflicht wäre.
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Ich fahre, weil es keinen Sinn macht. Obwohl es wehtut. Oder vielleicht genau deswegen. Ich fahre in eine Richtung, immer weiter nach Norden in die Wildnis…einfach so. Und etwas geschieht nun. Ich ertappe mich, wie ich in den Himmel über mir starre, wie ich laut singe und manchmal, meistens bergab, aus vollem Hals schreie. Weil ich kann. Ich erwische mich, dass mir die Zeit einerlei wird, dass ich in den Wind rieche und mich ab und an in die Böschung lege. Einfach, weil ich kann. Ich entferne mich, mit jeder Stunde unter freiem Himmel, von der Logik eines routinierten Leistungssystems, das Sinnhaftigkeit zu seinen Gunsten umgedeutet hat. Ich finde einen anderen Sinn. Andere SinnE. Jeder Tag ist schön und hässlich, beflügelnd und erschöpfend, gesellig und schrecklich einsam. Alles ist und nichts zugleich.
Und ich fahre weiter.
Immer nach Norden.


EPISODE 13: On the road (III)

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 11: On the road (I)

Es begann am Hauptmarkt Nürnberg. Oder eigentlich etwa eine halbe Stunde vorher. In meiner Wohnung, vor der Abfahrt. Plötzlich und ganz unerwartet wurde mir schlecht. Lampenfieber. Lampenfieber? 10:00 Uhr am 1. Mai 2018 am Hauptmarkt Nürnberg hatte ich als Treffpunkt verlauten lassen. Wer mitradeln will, der solle kommen. Nun hatte ich also alles gepackt.
Fix und fertig. Ready to go. Und so weiter.
Und mir wurde schlecht. 30 Tage, beinahe 3.200 km und die Kälte. Und das mir! Verdammt.
Aber: In dem Augenblick, in dem ich mich aufs Rad setzte, war die Angst wie fortgeblasen.
Ich fahre! Ich fahre wirklich!
Und mit mir fuhr ein ganzer Haufen der wundervollsten, geilsten, beklopptesten und radbegeistersten Menschen, die ich bislang kennenlernen durfte. Sch*** aufs Nordkap – ihr seid es schon wert gewesen! Es war lustig, es war wehmütig, es war einfach sprachlosmachend. Und als wir dann am Ortsschild standen, schließlich der beste Kommentar: „Na, jetzt fahrma schon noch a weng mit“. Ein Hoch auf euch!
IMG-20180502-WA0026IMG-20180501-WA0103IMG-20180501-WA0094IMG-20180501-WA0100Wer kann da noch Angst haben? Es sind die wunderbaren, die einzigartigen Menschen um uns, die wir lieben und die uns manchmal zur Weißglut bringen können (und die wir trktz und deswegen eben lieben), die uns jeden Tag weitermachen lassen.
Das ist eine Wahrheit, die umso lautet wird in der Einsamkeit, die auf die gemeinsame Ortsausfahrt am 1. Mai nun folgt.
Jetzt bin ich allein mit dem Wind und der Straße vor mir.20180501_164546.jpg
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Der Wind weht mir entgegen. War ja klar. Der Weg stellt mich gleich zu Beginn auf die Probe. Gegenwind und grauer Himmel am zweiten Tag auf den Höhen des Thüringer Waldes. Am Ende waren es 120 km und ich rolle nach Erfurt wie im Liegerad. Hier schreibe ich diese Episode. Die Einsamkeit hat gerade erst begonnen. Tag zwei meiner Reise. Mal sehen, ob ich in einer Woche mit mir selbst rede und meinen eigenen Arm aufesse wie in der Kurzgeschichte von Stephen King. Mjam. Wenn ich die Augen schließe, kann ich den Wind noch immer hören. Gute Nacht. Für Heute.
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Episode 12: On the road (II)

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. Und los geht´s!

t-1.
Dammit.
Jetzt wird´s ernst.
Alles gepackt? Ich hoffe doch.
Morgen geht´s um 10:00 Uhr am Hauptmarkt Nürnberg los. Wir fahren gemeinsam zum Ortsschild und ich dann noch schlappe 3.400 km weiter nach Norden :).

Kommt mit!

Natürlich werde ich weiterhin im Wochentakt felißig berichten – brandneu und fangfrisch von der Straße nach Norden.

Seid dabei!

 

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#unpink – Der neue Ladies Only Sexismus

Bike and Pole Ladies Camp im Bikepark Leogang, Ortliebs Aktion Ride Beyond Stereotypes, Fahrtechnikkurse exklusiv für Frauen. Etcetera pp. Die Angebote exklusiv für Frauen im Bikebereich boomen. Der Tenor: Die Selbstermächtigung der Frau. Der Ausruf: Auch Frauen können Radfahren. Aber der vermeintlich darin enthaltene feministische Fortschritt ist trügerisch. Denn: Eben im AUCH tritt genau jenes reaktionäre System zutage, das eigentlich überwunden werden soll.
„Wir suchen dich“ titelt der Radzubehör-Hersteller Ortlieb auf seiner Aktionseite ridebeyond.ortlieb.org. „Werde Teil des Bikepacking-Ladiescamps“. Und in der Kurzbeschreibung dann die vermeintlich provokant gestellte Frage: „Bikepacking ist nur was für Männer? Blödsinn, für Frauen ist es genauso ein Abenteuer, eine Herausforderung, ein Dream-come-ture […]“. Das Titel-B des „Blödsinn“ ist dabei groß und pink hinterlegt. Das Logo der Aktion: Eine pinke, stilisierte Lotusblüte mit Kettengliedern darunter. Der Titel: Ride Beyond Stereotypes. Das Schmuckbild der Seite: Eine Frau, die auf das offene Meer blickt, ein Fahrrad bei sich. Daneben – mit dem lächelnden Gesicht zum Beobachter – eine blonde Frau mit pinkem Fahrradhelm und pinkem Trikot. Über der Szenerie liegt ein pinker Filter, der alles in pastellenes Licht taucht. Bezeichnend, dass eine Aktion, die sich die Überwindung der Gender-Stereotype buchstäblich in den Titel geschrieben hat, sich eben dieser Klischees bedient, um ihre Aktion zu vermarkten. Angefangen bei der Lotusblüte als erwähltem Symbol, die in der Tradition Asiens für Reinheit, Liebe und als Sinnbild einer guten Ehe steht (dass die „Gutheit“ dieser Ehe primär von patriarchalischen Strukturen definiert ist, muss hier wohl nicht extra erwähnt werden) und in China auch schlicht das weibliche Geschlechtsteil symbolisiert bis hin zum pinken Overkill – die propagierte Überwindung der Stereotypen negiert sich selbst in der Vermarktung derselben.
Das Ziel: Die Etablierung des Bildes der selbstermächtigten, modernen (oder gar postmodernen) Frau, die dem Mann in nichts nachsteht. Ein hehres Ziel. Eines, für das es sich zu kämpfen lohnt. Das Paradoxe: All die Ladies Camps, die Women´s Camps und die Ladies Only Aktionen befördern genau das Gegenteil.
Denn:
Die propagierte Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter negiert sich in dem Moment selbst, in dem ein exklusiv für Frauen ausgelegtes Event ins Leben gerufen wird. Warum wollen wir Frauen „unter uns“ bleiben? Weil wir mehr „über Frauensachen quatschen wollen“ auf dem Trail? Weil wir schwächer sind als die Männer am Berg? Jede Begründung für die (freiwillige) Isolation fußt auf einem Stereotyp. Und dabei waren es doch eben diese Stereotypen, die wir mit unserer Isolation von den Männern, loswerden wollten.
Keine Frage, Männer und Frauen unterscheiden sich.
Aber Geschwindigkeiten auf dem Trail oder Kommunikationsverhalten sind keine genetischen Veranlagungen, sondern kulturelle Sozialisation. Ebenso wie Gender an sich. Frauen stammen von der Venus und Männer vom Mars, weil der soziokulturelle Kanon uns auf diese und andere Bauernweisheiten seit jeher konditioniert. Gleichberechtigung lässt sich nicht durch die Trennung der Geschlechter erreichen. Auch nicht, wenn diese „gut gemeint“ ist.
Wer die Gleichberechtigung internalisiert hat, für den macht der Satz „Für Frauen ist Bikepacking genauso ein Abenteuer wie für Männer“ keinen Sinn – außer natürlich einen grammatikalischen. Dem Satz liegt eben der Stereotyp zugrunde, gegen den sich die Aktion von Ortlieb doch eigentlich aussprechen will. Denn: Es scheint ja notwendig sein zu betonen, dass mit dieser Aktion etwas doch Ungewöhnliches gewagt wird – nämlich, dass Frauen, Gott bewahre, ohne ihr kiloschweres Schminktäschchen aus dem Hause gehen und sich auf das Nötigste beschränken können – ebenso wie die von Haus aus minimalistischen Männer – wenn sie sich nur genug anstrengen. Warum muss erst betont werden, dass Frauen das auch können?
Natürlich können sie.
Frauen können Kinder aus ihrem Leib herauspressen, alleinerziehend einen Haushalt schmeißen, demonstrieren und wählen gehen. Warum muss betont werden, dass sie AUCH Freiheit wollen,  dass sie AUCH auf einem Rad sitzen können, ohne direkt herunterzufallen? Warum wird das Selbstverständliche zum Außergewöhnlichen abstrahiert und dieser letztliche Rückschritt dann noch als progressiv gefeiert? Das ist ungefähr so, als würde im ausgehenden 19. Jahrhundert die seltene Frau bewundert, die sich in der männerdominierten Gesellschaft einen politischen oder literarischen Status erkämpft hat. Eine „außergewöhnliche“ Frau? Die relevante Trennlinie liegt doch nicht zwischen den Geschlechtern, sondern zwischen soziokultureller Diskriminierung und deren Gegenteil. Sie hat es nicht geschafft, OBWOHL sie eine Frau ist. Sie hat es geschafft, weil sie die kulturellen und sozialen Hürden, die ihr die Gesellschaft in den Weg gelegt hat aufgrund ihres Geschlechts, überwunden hat.
Jedes Ladies Only Event, jedes Women´s Camp schreibt insofern genau das Frauenbild weiter, mit dem zu brechen es gelobt. Die Selbstermächtigung pinked sich selbst zugrunde, indem sie sich fein säuberlich eben der stereotypischen Topoi bedient, die sie zu überwinden propagiert. Das ist kein Umdenken, das ist Reaktionismus im pinken Scheinmantel der Selbstermächtigung. Wir brauchen keine Exklusivität, wir brauchen das Mittendrin. Wir brauchen kein Pink, wir wollen sämtliche Farben! #unpink

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 9: Hello darkness, my old friend: Vom alleine reisen (als Frau)

Vorab: Am besten reist es sich alleine. Bevor jetzt die Misanthropie-Vorwürfe kommen: Alleine reisen hat nichts damit zu tun, andere Menschen nicht zu mögen. Im Gegenteil: Eben die Einsamkeit erlaubt erst den wirklichen Kontakt zu Anderen. Ein Widerspruch? Mitnichten. Wer alleine reist, reist mit offenen Augen und gespitzten Ohren. Zu zweit oder gar zu mehreren hat man die Tendenz zu geschlossenen Gesellschaften. Man bleibt unter sich. Wer alleine reist, sucht automatisch Anschluss, Ansprache, Andere.

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Als ich mit knapp 19 Jahren meine erste große Reise alleine unternahm – mit der Transsibirischen Eisenbahn alleine in die Mongolei, um dort sechs Monate zu arbeiten – bin ich mit unzähligen Menschen ins Gespräch gekommen. Habe unzählige Begegnungen gehabt und wunderbare Menschen kennengelernt.

Aber ist alleine reisen nicht gefährlich, vor allem als Frau? Jein. Bestimmt gibt es tendenziell gefährliche(re) Orte auf dieser Welt. Und auch ich habe auf meinen Reisen durch Russland, die Mongolei und Korea den ein oder anderen (seltenen) Moment des Unwohlseins gehabt. Aber: Tendenziell und pauschal stelle ich die These vom Guten des Menschen auf. Das mag sicherlich naiv sein. Allerdings ist es eine überlegte, eine bewusste Naivität. Ich halte nichts von der Angst vor dem Fremden, dem Anderen, dem Unbekannten. Eben weil das Fremde, das Andere, das Unbekannte nur solange fremd, anders und unbekannt ist, solange man keinen Fuß hineingesetzt hat, sich mit niemandem unterhalten hat, sich nicht eingelassen hat. Wer dem Fremden in die Augen sieht, erkennt sich bisweilen selbst darin.
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Wer dem Fremden in die Augen sieht, erkennt sich bisweilen selbst darin.

Natürlich hat der Standard-Satz sämtlicher Auswärtiger Amts-Empfehlungen seine Berechtigung: An fremden Orten (und das gilt letztlich auch für die Straße um die Ecke der eigenen Wohnung) aufmerksam bleiben, den gesunden Menschenverstand einsetzen. Der besagt schlussendlich ja nur, was jeder Reisende ohnehin tun sollte: Die Augen offenhalten – um die Dinge um uns wirklich wahrnehmen zu können, um ein Gefühl für die Welt um uns zu entwicklen. Wer blind durch die Welt stolpert, wird dies in seinem Heimatviertel genauso tun wie im Vorort von Teheran oder auf dem Schwarzmarkt in Ulan Bator. Sehen will gelernt sein.
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Sehen will gelernt sein. Mädchen in Peking 2009.

Aber wie verhält man sich nun am besten in der Fremde? Ein Nomade in der Mongolei hat mir das vor vielen Jahren einmal eindrücklich geschildert. Ich war bei seiner Familie zu Gast und zum Essen eingeladen in deren Ger (Jurte). Nun muss man wissen, dass die Nomadentradition einige Richtlinien kennt, wie man sich beim gemeinsamen Essen zu verhalten hat. Angefangen davon, wie man das Ger betritt, über die Sitzposition der Familienmitglieder und Gäste bis hin zu Unterhaltungsabläufen (Zuerst wird nachgefragt, wie es um das Vieh steht, dann fragt man nach dem Wohlbehalten der Kinder und Familienmitglieder). Natürlich wird weder verlangt noch vorausgesetzt, dass Fremde um diese Traditionen wissen oder diesen folgen. Intuitiv hielt ich mich einfach im Hintergrund, wartete stets darauf, dass eines der Familienmitglieder mir deutete, wo ich sitzen solle und aß und trank alles, was man mir vorsetzte. Als das Essen beendet war und der Vodka herumgereicht wurde, setzte der Familienvater zu einer Lobrede an, und ich begriff: Über mich!
Mein mongolischer Freund neben mir übersetzte: Die Familie sei froh und stolz, dass sie einen Gast wie mich in ihrer Mitte hätten. Denn viele Fremde kämen und träten auf, als gehöre die Welt ihnen und alles darin. Ich hingegen, und hier überlegte das Familienoberhaupt kurz, als müsse er den passenden Vergleich finden, und als er ihn dann fand, grinste er breit: Ich hingegen verhielte mich wie ein Mongole.
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Ich hingegen, und hier überlegte das Familienoberhaupt kurz, als müsse er den passenden Vergleich finden, und als er ihn dann fand, grinste er breit: Ich hingegen verhielte mich wie ein Mongole.

Was einmal mehr beweist, dass die einzige Maxime, die immer treffend ist auf Reisen, die altbekannte ist:  When in Rome, do as the Romans do. Also, ihr Reisenden, seid Römer in Rom, Mongolen in der Mongolei und, vor allem und überhaupt, folgt der jiddischen New Yorker-Weisheit Be a Mentsh! Die Bedeutung präzisierte Rosten 2002 in seiner Jiddisch-Enzyklopädie: „Es ist gar nicht leicht, den Respekt, die Würde und die Zustimmung zu vermitteln, die in dem Begriff mitschwingt, wenn jemand ›a real mentsh‹ genannt wird: ein Vorbild, ein edler Mensch“.
Wenn also draußen in der Welt – seid Mentshen!


Und in der nächsten Episode:

EPISODE 10: Die Angst vorm Mut oder Reise Courage und ihre Kinder

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 8: Reisen kann jeder! Über die Lust an der Flucht

Wir müssen unsere Augen kaum mehr öffnen. Und unsere Herzen auch nicht. So endete die letzte Episode, in der es um Segen und Fluch moderner Navigationsmittel ging, die keinen blinden Fleck mehr übrig lassen auf dem großen Erdenrund. Es ist Zeit, das Unbekannte wieder anzunehmen. Ohne vorberechnete Route, die mir in Echtzeit ansagt, in wie vielen Kilometern Entfernung der nächste Dunkin Donuts ist.
Im Unvorhergesehenem, im Unvorhersehbaren liegt das Potential zum Abenteuer und das Moment der Freiheit.

Manchmal muss man sich einfach gen Horizont treiben lassen. Irgendwo in Nordspanien auf meiner dreimonatigen Radreise durch Europa 2016.

Fliehen im positiven Sinne

Anders gesagt: Wir planen zu viel. Das fängt grundlegend damit an, dass viele Menschen zwar den Traum haben, eine Reise wie meine zu unternehmen, dieses Vorhaben aber nie in die Tat umsetzen. Weil Ihnen die Zeit fehlt. Oder das Geld. Oder die Ausrüstung. Oder der Mut. Oder irgendetwas dazwischen. Die Motivation hinter einer solchen Reise ist dabei oft ähnlich. Der Alltag, der einem auf die Füße steigt. Der einem keinen Raum zum Atmen lässt. Die ewige Routine unseres fein säuberlich geregelten Lebens. Reisen geschieht oftmals nicht als Eintritt in das Neue, sondern als Flucht vor dem Alten. Insofern brauchen wir vielleicht gar nicht den Mut, uns mit dem Unbekannten zu konfrontieren, sondern lediglich die Einsicht, dem Bekannten überdrüssig geworden zu sein.

Grauer Büroalltag oder lieber irgendwo am Meer ankommen – nach Tagen, Wochen, Monaten auf dem Rad? Unsere Entscheidung. Jeden Tag aufs Neue.

Wer noch kein Geld, die falsche Ausrüstung oder einfach keine Zeit für eine solche Reise hat, obgleich er behauptet, er wolle eine solche Reise unternehmen, der ist vielleicht noch nicht fertig mit dem Alten, dem Bekannten. Freilich, es gibt etliche andere Gründe für das Reisen: sportlicher Ehrgeiz, kulturelle Neugierde, soziales Ansehen. Aber der basalste aller Gründe bleibt doch wohl dieser: Raus zu wollen. Raus da. Losfahren. Immer Richtung Horizont.
Immer Richtung Horizont. Aufgenommen auf meiner dreimonatigen Radreise durch Europa 2016.

Die Lust an der Flucht

Bei wem sie nur groß und nagend genug ist, die Lust an der Flucht, der wird aufbrechen. Egal, wie viel Geld er hat, wie gut die Ausrüstung ist und wie vermeintlich knapp bemessen die Zeit. Wer hat gesagt, dass man erst dann eine Radreise unternehmen kann, wenn man sich ein hyperteurers Reiserad mit Highend-Austattung leisten kann? Peter Smolka, Wahlerlanger und legendärer Radreisende, der vier Jahre lang mit dem Rad durch die Welt fuhr, hat es vorgemacht: In Argentinien wurde sein Rad gestohlen. Und? Er fuhr mit einem klapprigen Ersatzrad weiter.

Minimalismus. Zwei Räder, keinen Platten. What´s not to like? Aufgenommen in Brighton auf meiner dreimonatigen Radreise durch Europa 2016.

Der Nase nach

Reisen braucht keine jahrelange Planung, keine teure Ausrüstung. Nur eines, das braucht Reisen tatsächlich: Zeit. Zeit, die Dinge am Wegrand wahrzunehmen und nicht nur das Ziel vor unseren Augen. Zeit, in den Wind zu riechen und den Regen zu hören. Zeit, die Welt um uns und die in uns ganz und gar ineninander aufgehen zu lassen. Ein Meister im Reisen, der alles begriffen hätte, wäre wohl der, der sich sogar von seinem Ziel lösen könnte. Besser: Von dem notwendigen Zustand, ein Ziel haben zu müssen. Er wäre dann ganz und gar frei und könnte sich vollständig auf das Unbekannte einlassen, irgendeiner Richtung folgen. Einfach immer der Nase nach.

Das Meisterstück des Reisenden: Sich vom Ziel selbst zu lösen. Dann stehen alle Wege offen. Aufgenommen in der Mongolei 2007.

Reisen kann jeder!

Wir brauchen also weniger, als wir denken, um eine solche Reise anzutreten. Wir brauchen weder viel Geld noch teure Ausrüstung. Wir brauchen nicht einmal Mut. Nur Zeit. Zeit brauchen wir. Und die Erkenntnis, des Alten, Bekannten, überdrüssig zu sein. Wir müssen fliehen wollen, im positiven Sinne. Wir brauchen also kaum etwas. Ist das nicht eine Feststellung, die Mut macht, aufzubrechen? Reisen ist nicht schwer. Reisen ist nicht teuer. Reisen kann jeder!


Und in der nächsten Episode:

EPISODE 9: Hello darkness, my old friend: Vom alleine reisen (als Frau)

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen

30 Tage. 3.400 km. Ein ganzer verdammter Haufen Höhenmeter. Gegenwind quasi 24/7 (wir wissen ja, wie das ist). 110 km und mehr pro Tag. Pausentage? Null. Nada. Nüscht. Schmerzen? Geil!
Hört sich gut an?
Das war der Plan.
Von der lauschigen Frankenmetropole Nürnberg zum eisigen Nordkap – der nördlichsten Spitze Europas. Und das im Schnelldurchgang. Nur mit Rad und Zelt. Allein als Frau. Mit Bären und so (oder Rentieren, die flauschig sind wie Bären :).
Challenge accepted!
Mit Unterstützung von Velocita Custom Bicycles, VELOmondial, travel & trek und Wechsel Tents und mit dem Specialized Concept Store Nürnberg als Medienpartner machte ich mich am 1. Mai 2018 auf den Weg zum nördlichsten Ende Europas.
Pünktlich am 30. Mai stand ich am Ende der Welt. Mit dabei: Eine Menge Geschichten, Gedanken und Blasen an den Händen
Ihr konntet mich auf dem Weg begleiten. Davor, währenddessen und danach. Immer wöchentlich wurde auf norabeyer.com in Vorfreude geschwelgt, gejammert und euphorisiert berichtet.
Interessiert? Komm mit und erlebe die bekloppte Reise!


Tägliche Updates, Schnappschüsse und Etappenziele gab es auf Facebook, Instagram & Twitter. Diese sind dort jeweils weiterhin zu finden.


PRESSE


EPISODEN

EPISODE 1: Die vermaledeite Route
EPISODE 2: Auf der Suche nach Sponsoren
EPISODE 3: Über´s Fortgehen und Ankommen
EPISODE 4: Addicted to Steel – Warum Stahlrahmen?
EPISODE 5: Ich packe meinen Koffer – Gear & Co. (I)
EPISODE 6: Ich packe meinen Koffer – Gear & Co. (II)
EPISODE 7: Digitalize now! Über die Nostalgie der haptischen Karte
EPISODE 8: Reisen kann jeder! Über die Lust an der Flucht
EPISODE 9: Hello darkness, my old friend: Vom alleine reisen (als Frau)
EPISODE 10: Die Angst vorm Mut oder Reise Courage und ihre Kinder
EPISODE 11: On the road (I) 
EPISODE 12: On the road (II)
EPISODE 13: On the road (III)
EPISODE 14: On the road (IV)
EPISODE 15: AM ENDE DER WELT!
EPILOG: Was vom Tage übrig blieb

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 7 – Digitalize now! Über die Nostalgie der haptischen Karte

Werfen wir allen unnötigen Ballast von uns – alle Teleskopstangen, allen Schnickschnack, alles an Surplus – und fahren wir einfach los! So endete die letzte Episode von RIDE YOUR F**** BIKE!
Aber wohin eigentlich? Genauer gesagt: Mithilfe wovon?
Denn: Auch wenn wir dann endlich unser Reiseziel haben, die Destination unserer Wünsche, Tagträume und Sehnsüchte, so bleibt eine Herausforderung doch nach wie vor: Die uralte Frage der Navigation.

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Und wohin nun von hier aus? Die uralte Frage der Navigation.

In Zeiten der GPS-Navigation sind haptische Karten vielfach in den Hintergrund geraten – Relikte einer vordigitalen Zeit, in der es quasi noch nach heruntergebrannten Kerzen und vergilbten Bücherstapeln roch.
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Da steh (radel) ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor …

Nun werden Wege vorberechnet, aktualisiert, neu berechnet, dynamisch angeglichen. Wir werden verortet und unser Standort in Echtzeit evaluiert. Egal ob Eiscafé, Jägerstand oder Tierhandel – das GPS zeigt uns jeweils an, was sich in unserer Nähe befindet und welcher Weg uns am schnellsten zu dem von uns angegebenen Ziel bringt.
Kurz: Es sagt uns (nahezu) jederzeit, wo wir sind, wohin wir zu gehen haben und was uns da erwartet.
Das ist – gerade in uns unbekanntem Gelände – natürlich überaus praktisch. Es macht das Unbekannte bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar und die Ferne gewissermaßen vertraut. Es nimmt der Fremde viel vom Schrecken, der eben durch das Ungewohnte ausgelöst wird. Wenn ich schon daheim bei der Planung meiner Radreise mithilfe von Basecamp, Mapsource und Co. mitten im vermeintlichen Nirgendwo eines exotischen Landes einen McDonalds entdecke, dann erweckt das ein beruhigend-vertrautes Gefühl in mir. Das Unbekannte wird greifbar, eben weil die Welt bis ins Kleinste kartographiert und quasi jederzeit einsehbar ist.
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Das Navi sagt uns jederzeit, wo wir sind, wohin wir zu gehen haben und was uns da erwartet.

Es nimmt der Fremde aber dadurch auch einen erheblichen Reiz. Eben das Unwegsame, das Unbekannte, das große, schreckliche Fragezeichen, die blinden Flecken auf der Karte, die Platzhalter auf jeder Reise sind es doch, die von uns das abverlangen, was die vielleicht größte Tugend des Reisenden ist: Sich darauf einzulassen, letztlich egal, worauf. Erfahrungen zu leben, dann, wenn sie kommen und uns aufsuchen, anstatt Erfahrungen planen zu wollen.
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Erfahrungen sind nicht planbar. Auch nicht, wohin der Weg einen letztlich führt.

Das hat die gute alte haptische Karte noch vielfach ermöglicht. Auf ihr mussten wir uns erst einmal selbst suchen, uns selbst verorten und dabei zwingendermaßen lernen, die Landschaft um uns zu lesen, aufmerksam zu sein. Wir mussten öfter unsere Augen aufmachen.
Das Navigationsgerät hingegen ermöglicht einen wunderbaren, angenehmen Flow – es führt uns an der Hand. Wir müssen nur folgen. Wir müssen nicht nach links noch nach rechts sehen. Wir müssen nicht wissen, wo wir sind. Das Navi weiß es schon.
Es gibt uns alle notwendigen Informationen, damit wir auf möglichst wenig Überraschungen treffen, damit sich uns möglichst wenige Hindernisse in den Weg stellen. Damit die Fremde gar nicht so beängstigend fremd ist.
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Freilich: Das Navi ermöglicht einen wunderbaren Flow. Aber um welchen Preis?

Wir müssen unsere Augen kaum mehr öffnen. Und unsere Herzen auch nicht. Aber vielleicht ist es Zeit, umzudenken? Sich einzulassen? Auf das große Unbekannte, das Unvorhergesehene und das Unvorhersehbare? Vielleicht ist es Zeit, den vorberechneten Pfad zu verlassen und nicht bei der nächsten Möglichkeit zu wenden – egal, wie oft die freundliche, aber direkte Navigations-Stimme einen dazu auffordert.
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Vielleicht ist es Zeit, sich von den vorberechneten Pfaden zu verabschieden.


Und in der nächsten Episode:

EPISODE 8: Reisen kann jeder! Über die Lust an der Flucht

 

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 6 – Ich packe meine Koffer: Gear & Co. (II)

Die letzte Episode endete mit der Frage, vor der jeder Abenteurer, jeder Reisende, jeder Ruhelose, früher oder später notwendigerweise steht: Was brauche ich eigentlich auf meiner Reise?
Die Gretchenfrage des Weltbürgers.
Die Faustregel des (Rad)Wanderers: Mehr ist schwer. Die Würze liegt hier also in der Fähigkeit, sich auf das Notwendige zu beschränken. Aber: Was ist denn das Notwendige, wenn nicht ein letztlich grundlegend subjektiver Begriff? Was Hänschen als existenziell notwendig empfindet, deklariert Hans als absolut sekundär. Die schlauen Bücher über Reisen sind voll von Packlisten, Gear-Tabellen und sonstigen Aufzählungen des Unentbehrlichen.

Die schlauen Bücher sind oft voll von gutgemeinten Packlisten in endloser Ausführung.

Die (Un)Entbehrlichkeit der Teleskopstange

Als ich nach dem Abi mit damals zwanzig Jahren mutterseelenallein auf meine Reise in die Mongolei aufgebrochen bin, um dort für eine Zeit lang zu arbeiten (damals noch mit dem Zug, nicht mit dem Fahrrad, nämlich mit der legendären Transsibirischen Eisenbahn), war die Packliste für die Zugreise, die ich einem Transsib-Führer entnommen hatte, schier endlos.
Als grundlegendes Tool war dort etwa auch der Wischer an der Teleskopstange angegeben, mit dem der auf alles vorbereitete Reisende in regelmäßigen Abständen die Fensterscheiben seines Abteils von außen reinigen könne, um in der Folge unbeflecktere Fotos aus dem Zugfenster heraus schießen zu können.

Ich mit damals knapp 20 Jahren auf einem Bahnsteig irgendwo kurz vor der russisch-mongolischen Grenze. Im Hintergrund die Transsib. Und der Horizont.

Kann man machen.
Muss man nicht.

Distanz wahren!

Und das ist vielleicht die treffendste Aussage, wenn man eine Reise plant und sich potentiell von all jenen Packlisten und Gear-Tipps verunsichern lässt. Es ist ohne Zweifel durchaus hilfreich, sich durch ein paar Ausrüstungslisten einschlägiger Reisender zu wühlen. Aber bitte Distanz wahren. Ich war noch auf keiner Reise, ohne nicht ein Paket nachhause geschickt zu haben mit Dingen, die mir vor der Reise noch unentbehrlich schienen.

Ich packe meinen Koffer, und nehme mit…! Die Gretchenfrage des Weltbürgers: Was ist eigentlich wichtig?

Just another acronym

Meiner Erfahrung nach gibt es letztlich nur eine Handvoll Faktoren, die wirklich grundlegend relevant sind: Kälte, Regen, Krank. Nennen wir es einmal die KRK-Regel (weil die einschlägigen Bücher auch immer gerne mit Akronymen um sich werfen). Wichtig ist: Ausrüstung gegen Regen und Kälte, damit der Körper nicht auskühlt. Und Medizin bzw. Ersatzteile, wenn wir oder unser zweirädriger fahrbarer Untersatz schwächeln. Oder entsprechende Möglichkeiten, Hilfe zu rufen, damit wir weiter kommen. Im Notfall zumindest bis zur nächsten medizinischen Versorgung.
KRK ist basal, klar.
Aber darauf aufbauend kann dann jeder selbst entscheiden, was er oder sie als notwendig empfindet. KRK ist unentbehrlich. Der Rest ist weitgehend subjektiv-relativ.

KRK – Wichtig ist nur wenig. Eine Cap ist aber natürlich essentiell ;)!

Was brauche ich eigentlich wirklich im Leben?

Anstatt endlosen Packlisten nachzufolgen, kehren wir zurück zu der Frage Was brauche ich eigentlich auf meiner Reise? und schieben noch ein kleines „wirklich“ hinein: Was brauche ich eigentlich wirklich auf meiner Reise?
Und wer einmal anfängt, die Teleskopstange wieder aus seinen Packtaschen zu nehmen und Dinge aus- statt einzupacken, der wird bald feststellen, dass die Frage Was brauche ich eigentlich wirklich auf meiner Reise? größer wird, weiter, sich ausdehnt und mehr und mehr Raum einnimmt und schließlich in eine ganz andere Frage mündet:
Was brauche ich eigentlich (wirklich) im Leben?

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Einfach mal losfahren!

Losfahren!

Denn: Wir können nicht Ballast auf Reisen von uns werfen, ohne dass diese Befreiung vom Unnötigen, diese Entscheidung über (für uns) Wichtiges und Unwichtiges auch – oft unmerklich –  andere Bereiche unseres Lebens betrifft.
Wir lassen dann nicht nur die Teleskopstange zurück, sondern auch den hortenden Teil unseres Ichs, der seine Furcht vor dem Unbekannten, dem Fremden, der Ferne, dadurch zu kompensieren versucht, indem er sich auf alles nur denkbar Mögliche vorbereitet. Was, und das wissen wir doch eigentlich alle, schlicht unmöglich ist.
Also lassen wir doch die Teleskopstange daheim, allen unnötigen Ballast. Und unsere Furcht.
Fahren wir einfach los.


Und in der nächsten Episode:

EPISODE 7: Digitalize now! Über die Nostalgie der haptischen Karte

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RIDE YOUR F**** BIKE! Von Nürnberg zum Nordkap in 30 Tagen. EPISODE 5 – Ich packe meine Koffer: Gear & Co. (I)

Als mein Vater und mein Bruder vor ein paar Jahren die Mammutaufgabe (weil damals recht unfit) AlpX mit MTB und Rucksack angetreten haben, kann ich mich noch an die quasi-fatalistische Aufgedrehtheit meines alten Herrn am Vorabend der Abreise erinnern. Durch die Aufregung energiegeladen bis in die Zehenspitzen rannte er herum und warf einem ein Späßchen nach dem anderen vor die Füße – wohl nur, um das eigene Lampenfieber im Zaum zu halten.
Ein Bild ist mir dabei vor allem im Gedächtnis geblieben. Mein Vater in seinem bunten, engen Trikot, der eine in der Mitte entzweigebrochene Zahnbürste in die Kamera hält. Ein breites, beinahe irres, Grinsen auf den Lippen. Der Titel des Ganzen: Gewichtsoptimierung 2.0!

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Gewichtsoptimierung 2.0

Auf all meinen Radreisen durch Deutschland und durch Europa hat mich dieses lustig-fatale Bild nicht mehr losgelassen. Man liest und hört viel davon, diesem großen, diesem gewichtigen Wort: Gewichtsoptimierung. Für die armen Wichte, die zu Fuß die Welt erlaufen, vielleicht noch grundlegender als für uns Radreisende. Aber dennoch kommt man als Reisender, egal worauf, womit oder wohin, nicht um die grundlegende Frage herum: Was brauche ich eigentlich auf meiner Reise?
Die Gretchenfrage des Weltbürgers quasi.
Die zerbrochene Zahnbürste ist freilich ein überzeichnetes Bild. Genauso extrem und vielleicht übertrieben wie der Hightech-Abenteurer, der den ganzen Tag damit verbringt, mit einer Hochsensibilitätswaage potenzielle Ausrüstungsgegenstände in seiner nächsten Umgebung auf Grammkommaunterschiede zu messen. Fakt ist aber natürlich: Schleppst du mehr, bist du schwer. Leger ausgedrückt.
Die Gewichtsoptimierung ist aber mal vor allem eins: Ein Prozess. Mehr noch: Ich würde sogar behaupten, sie ist ein Coming-of-Age, ein Reifeprozess in gewissem Sinne. Es geht nicht nur darum, sich mit möglichst wenig Gewicht zu belasten. Es geht darum zu lernen, sich auf das Notwendige zu beschränken. Zu lernen, was wichtig ist. Und was nicht.
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Was brauche ich eigentlich auf meiner Reise? Die Gretchenfrage des Weltbürgers.

Und wer einmal anfängt, in ein Abenteuer aufzubrechen, loszulaufen, fortzuradeln, der wird bald feststellen, dass die eingangs gestellte Frage – Was brauche ich eigentlich auf meiner Reise? – größer wird, weiter, sich ausdehnt und mehr und mehr Raum einnimmt und schließlich in eine ganz andere Frage mündet: Was brauche ich eigentlich im Leben?
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Die letzte Frage: Was brauche ich eigentlich im Leben?


Und was ist das? Mehr dazu in der nächsten Episode.

EPISODE 6: Ich packe meinen Koffer – Gear & Co. (II)