Wir brauchen eine Kultur des Scheiterns
1 August, 2022
Der Weg. Beliebte Metapher. Zumindest, solange er irgendwohin führt.
Leiden, schlecht sein, scheitern ist voll ok, solange es dem Fortschrittsnarrativ dient. Solange es ein Checkpoint bleibt, eine Prämisse, an deren Ende die Erfolgskonklusion steht. Die große Auflösung.
Immer schön progressen, Baby.
Man stelle sich vor, dass man einfach nur scheitern könnte. Ohne irgendeine kathartische Regenbogengoldtopf-Erfahrung am grand finale (das, übrigens, ist unerhört, weil es für viele Realität in einer zunehmend geschlossenen und undurchlässigen Gesellschaft ist und hey, wer will das wissen).
Wir lieben diese Stories. OMG, mein Leben war so shitty, aber dann, am Ende, bäm. Der Struggle hat sich halt voll ausgezahlt. Und zwei Kilo hab ich dabei auch noch verloren.
Ein Versprechen, eine Verheißung.
Verheißung. Verbeißung.
Wir verbeißen uns in das Narrativ vom Weg, der zum Ziel führt (wohin auch sonst). Scheiße sein in was ist erlaubt, ja erwünscht, weil ich dann erst recht das Narrativ zelebrieren kann, dass ich auf dem Weg bin – progresse Fresse.
Alle sind konstant auf dem Weg irgendwohin, mindestens, um sich selber zu finden oder ihr Glück oder ihr Idealgewicht.
Wir brauchen eine Kultur des Scheiterns.
