Wer shreddet so spät durch Nacht und Wind? – Weihnachtsedition
21 Dezember, 2018
Die Plätzchen sind gebacken, der Braten ist bestellt, der Glühwein warm gestellt – Zeit für besinnliches Einstimmen auf die Festtage. Oder so ähnlich. Denn in der dunklen Jahreszeit muss ich aus unerfindlichen Gründen immer an Goethes Ballade vom Erlkönig denken. Vielleicht weil die dürren Äste neben dem Trail so grausig im Wind knarzen und die Dunkelheit der Wälder vollkommen ist und der Frost sein ganz eigenes Lied singt.
Zeit jedenfalls für eine Neu-, Um- oder Alternativinterpretation des lyrischen Klassikers! In Bikeslang natürlich ;).
Damit wünsche ich euch allen ein frohes und besinnliches Fest mit möglichst vielen Post-Schmaus-Nightrides und einen guten Rutsch in ein radlastiges Jahr 2019!
Der Shredkönig
Wer shreddet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Biker auf Reifen geschwind.
Die Helmlampe schwach, Die Finger erfor´n
zu lange war der Nightride geword´n.
–
„Schatz, wo bleibst du?“ drängt´s Mobiltelefon
Die Liebsten sind schon unruhig geword´n.
Oh Biker, was birgst du so bang dein Gesicht?
Schau hin, gib acht, siehst du den Step Down da nicht?
–
Es zittert der Frost, der Reifen hebt ab
die Airtime war so nicht geplant
Glühwein im Bauch, Lampe am Helm
So kann man zur Hölle fahr´n.
–
Denkt sich der Biker und sieht schon das Kreuz
und trauernden Schatze am Grab
Oh Liebchen, mein Liebchen, verzeih mir´s Geshredde
Ich küss dich vom Himmel herab
–
Da streifen die kahlen Äste der Eiche
Am Trailrand die segelnden Schuh´
Und dem Bikergeselle, im Flug eingefroren,
ist es als flüstert´s ihm zu:
–
Willst feiner Biker du mit mir geh´n?
Mein hölzerner Leib will dich warten schön
Meine Äste führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und stampfen und brechen dich ein.
–
Dem Biker grauset´s, er fasset geschwind
im Flug noch den Lenker und hält ihn bestimmt
Schon schlägt er zu Boden
der Federweg ächzt
Beinahe hätt´ er die Bikeshort durchnässt
–
Er schlingert und zittert,
den Schnee im Gesicht
Doch, Wunder oh Wunder,
der Biker fällt nicht.
–
Die Lungen keuchen, die Lampe geht aus
Die Eiche knarrt ihren Zorn hinaus
Und endlich, dort vorne, blinzelt´s Straßenlicht
Nur einmal zurück noch blickt des Bikers Gesicht:
Der Wald steht still, dunkel und dicht
–
Dem Biker grauset´s, er radelt geschwind
Der Frost in den Augen schlägt ihn fast blind
Erreicht seinen Schatz und den Braten bereit
Allmächtiger Bikegott, was für ein Ride!