Wem gehört der Wald? Beteiligung zur Änderung der 2 m-Regel in Baden-Württemberg!

15 November, 2018

Mit zunehmender Popularität des Mountainbikens als Breitensport verschärfen sich die Konfliktpotentiale zwischen Bikern und anderen Waldnutzern und der Waldnutzung als solcher. So oder so ähnlich scheint es zumindest, wenn man wieder einmal von Clashes zwischen übelgelaunten Sonntagsspaziergängern und dem ein oder anderen Mountainbiker hört, der sich Rowdytum vorwerfen oder den lapidaren Satz „Das ist hier kein Fahrradweg!“ anhören muss. Zweifellos gibt es einzelne rücksichtlose Enduristen, die bergab für keine Omi bremsen würden, die ihnen entgegengehumpelt kommt. Die populistische Gier, mit der sich aber so mancher Unwohlwollender auf den vermeintlichen Klassenkampf zwischen Mountainbikern und anderen Waldnutzern stürzt, bildet die Realität aber wohl kaum ab.
Freilich fallen die vereinzelten schwarzen Schafe mehr auf als der Großteil der umgänglich und rücksichtsvoll ihren Sport ausübenden Mehrheit. Aus einer Minderheit  einen Elefanten zu machen und als Pauschalisierungswerkzeug zu missbrauchen, ist nichts Neues. Es ist die klassische Sündenbocktheorie, die ebenso zeitlos wie gefährlich ist. Sie verfälscht schlicht das Bild und sorgt nur für weiteren Unmut, auf Basis verzerrter Fakten, und damit einer weiteren Verschärfung des Konflikts. Zu beobachten war das etwa unlängst bei der von den Nürnberger Nachrichten ausgerufenen Podiumsdiskussion mit dem Thema „Wem gehört der Nürnberger Reichswald?“. Obwohl sich die Diskussion, an der Vertreter des Forstes, des Bundes Naturschutz und ein Mountainbike-Coach beteiligt waren, zum Großteil um Rückegassen und deren potentieller Problematik für Flora und Fauna des Waldes drehte und das Thema Mountainbike nur kurz angeschnitten wurde und im Plenum kein großes Problem darzustellen schien, titelten die Nürnberger Nachrichten am darauffolgenden Tag reißerisch: „Indiskutabel und unverschämt“ und „Abriss der Schwarzbauten [der Mountainbiker] im Wald ist teuer“. Das verzerrte die faktisch stattgefundene Diskussion und goss Öl ins Feuer des „Klassenkampfes“.
Ökonomisch ist das freilich nachvollziehbar. Welcher Leser hätte sich schon um einen Artikel mit dem Titel „Rückegassen sind echt nicht so toll“ geschert? Die reißerische Aufmachung ist aus ökonomischen Gesichtspunkten zwar nachvollziehbar, aus normativen aber kaum. Vielmehr wurde hier die Mär vom Mountainbiker als rücksichtslosem Downhill-Rowdy, der auch noch vermummt hinter seinem Fullface-Helm und den Goggles den Schrecken der Gesichtslosigkeit füttert und damit in dieselbe Kerbe schlägt wie das Unbehagen des Kleinbürgers, wenn er auf eine Burka-Trägerin stößt, weitergesponnen. Nochmal: Klar gibt es diesen Typus Biker. Aber er ist wohl eine Rarität – ein Archetyp kollektiv gesteigerter Angst, die eben durch solche reißerischen Ansätze noch weiter geschürt wird. Indes ist es zweifellos der Fall, dass es eine ganze Menge von Konfliktpotentialen zwischen den verschiedenen Waldnutzern gibt – Erholungssuchende, Sportler, Förster, Tiere.
Was also tun mit den Mountainbikern, dieser gefühlten neuen „Horde“? Nun, nach dem Bundeswaldgesetz ist das Radfahren auf allen Straßen und Wegen erlaubt. Wie das Ganze dann aber in den einzelnen Bundesländern aussieht, ist höchst unterschiedlich. Während in Bayern mit Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG das Betretungsrecht mit dem Begriff der „geeigneten Wege“ relativ liberal gefasst ist, sieht das etwa in Baden-Württemberg ganz anders aus. Baden-Württemberg beschränkt das Radfahren in § 37.3 Landeswaldgesetz  radikal auf Wege über 2 m Breite. Das verschiebt das Mountainbiken zwangsläufig in die Illegalität. Mehr noch: Das Verbot bereitet nicht nur Lehrkräften und Vereinen des Mountainbikesports Probleme. Auch für den Tourismus, der keine attraktiven Strecken anbieten kann, hat dies nur Nachteile. Bereits 2014 forderten die Radverbände in einer Petition mit 58.000 Unterschriften die Landesregierung auf, das Pauschalverbot zu kippen. Die Regierung folgte aber dem Druck von Waldbesitzer-, Jagd- und Wanderverbänden und behielt das Verbot bei. Als Ausgleich sollte ein Wegenetz von Trails für die Radfahrer ausgewiesen werden. Bis 2015 wurden lediglich 150 km solcher schmalen Wege ausgewiesen – eine Zahl, die den Bedarf im Vergleich zu den 85.0000 km Forststraßen im Land, bei weitem nicht deckt. Die bestehenden, aber für Radfahrer aufgrund der Regelung verbotenen, Wege unter 2 m Breite dürften mehrere 10.000 km Gesamtlänge haben.
Dass etwas geändert werden muss, liegt auf der Hand. Aber ohne das aktive Engagement der zahlreichen Mountainbiker da draußen, in deren Interesse ja diese Änderung wäre, bleiben alle Bemühungen der Radsportverbände wohl ein Kampf gegen Windmühlen. Genauso, wie es in der Hand jedes Einzelnen liegt, proaktiv der populistisch wirksamen Mär vom rücksichtslosen Radlraser entgegenzuwirken, indem er sich entsprechend verhält – also rücksichtsvoll, höflich und vorausschauend den anderen Waldnutzern gegenüber auftritt und respektvoll mit dem Wald als solchem umgeht – genauso liegt es in unserer Hand, für die Ausübung unseres Sports einzutreten.
Wir wollen nicht in die Illegalität abgedrängt werden.
Wir wollen nicht unerwünscht sein.
Wir wollen nicht übergangen werden.
Und der Moment ist jetzt!
Baden-Württemberg sieht gerade eine Waldgesetzänderung vor, in der das Sperren des Waldes vereinfacht und die 2 m-Regel erhalten werden soll. Noch bis MORGEN, den 16. November 2018, läuft das Beteiligungsverfahren für die Öffentlichkeit an dem Gesetzesentwurf.
Jetzt liegt es an uns allen, jedem einzelnen Biker da draußen.
Jetzt haben wir die Möglichkeit zur Änderung.
Noch bis morgen können wir diesem Änderungsbegehren Luft machen und kommentieren unter: https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/de/mitmachen/lp-16/forstreform.
Lassen wir diese Möglichkeit nicht verstreichen! Wer biken will, muss kämpfen!